* 30. November 1945
von Nicolas Schalz
Essay
Zwei Merkmale prägen das bislang vorliegende künstlerische Werk von Younghi Pagh-Paan: einmal die essenziell in der koreanischen Musiktradition verankerte Einheitlichkeit des Ausdrucks, zum anderen der Wille, in der Fremde das Eigene dem Fremdwerden abzuringen und in der Geschichte Koreas einen Spiegel der Weltsituation zu erkennen. Es geht ihr darum, mit ihrer Musik allgemeingültige Bilder für ein von Vermarktung, kolonialistischer Eingemeindung und Globalisierungszwängen befreites Leben zu finden – Bilder der Trauerarbeit wie solche der Versöhnung und der Utopie.
Aus der kompositorischen Tätigkeit, die sie schon in Korea ausgeübt hat, lässt Pagh-Paan nur noch ein Werk gelten, das ihr chronologisches Werkverzeichnis auch anführt: Pa-Mun [Wellen] für Klavier (1971) entstand drei Jahre vor dem entscheidenden Wechsel nach Deutschland. Sie suchte damals einen eigenen Weg zwischen ihrer Faszination für Isang Yun (insbesondere „Réak“ für großes Orchester, 1966 in Donaueschingen uraufgeführt) und dem eigenen Erlernen einer europäischen Moderne-Tradition um Stravinskij, Hindemith und Bartók einerseits, die Wiener Schule und den ihr nachfolgenden Serialismus andererseits.
Eine feste Reihe, ein strenges serielles Prinzip ist in Pa-Mun nicht erkennbar, wohl aber eine um Haupttöne zentrierte Anlage, die in einem gewissen Sinn zyklisch geschlossen ist: Am Anfang steht der Sprung ...